Die Beziehung zwischen der Richtlinie 2008/50 und anderen EU Rechtsvorschriften
Industrieanlagen
Für Industrieanlagen wurden unionsweite Emissionsgrenzwerte nur für sehr wenige Anlagentypen festgelegt, da die Mitgliedstaaten zögerten, solche Emissionsgrenzwerte für ortsfeste Quellen zu akzeptieren. Gegenwärtig gibt es solche Emissionsgrenzwerte weiterhin für Großfeuerungsanlagen , Müllverbrennungsanlagen, Anlagen und Tätigkeiten, die organische Lösungsmittel verwenden, sowie Anlagen zur Herstellung von Titandioxid (Anhang V bis VIII, Richtlinie 2010/75/EG). Die Emissionsgrenzwerte beziehen sich auf Schwefeldioxid, Stickoxide, Kohlenmonoxid und Feinstaub; für Müllverbrennungsanlagen wurden auch Emissionsgrenzwerte für Dioxine und Furane – zwei hochgiftige chemische Stoffe, die bei der Verbrennung entstehen – sowie für eine Reihe von Schwermetallen festgelegt. Die Bestimmungen sind zuweilen sehr differenziert, je nach dem verwendeten Brennstoff, der Frage, ob ein „heimischer“ Brennstoff (Kohle) verwendet wurde, dem Alter oder der Größe der Anlage usw. Ausnahmemöglichkeiten und Übergangsfristen machen die Bestimmungen noch komplizierter.
Im Übrigen hat die Union die Anwendung von Maßnahmen zur Verringerung der Emission von Luftschadstoffen nur für große Industrieanlagen in Betracht gezogen, was bedeutet, dass kleine oder mittlere Industrieanlagen nur Luftemissionsbeschränkungen nach nationalem Recht unterliegen – sofern es solche Beschränkungen gibt. Für diese großen Industrieanlagen bestand der allgemeine Ansatz der Union darin, dass die Anlagen der besten verfügbaren Technik entsprechen müssen, die keine übermäßigen Kosten verursacht . Für die verschiedenen Arten von unter die Richtlinie fallenden Anlagen werden von Experten der nationalen Behörden und der EU-Behörden, Vertretern der Industrie und Umweltorganisationen Leitlinien zu industriellen Verfahren ausgearbeitet. Die Schlussfolgerungen werden von der Union formell angenommen und dienen im Prinzip als Grundlage für die Emissionsgrenzwerte, die in den Genehmigungen festgelegt werden, die die nationalen Behörden für einzelne Anlagen erteilen. Diese Genehmigungen, die von nationalen, regionalen oder lokalen Behörden erteilt werden, müssen Emissionsgrenzwerte für eine Reihe von unionsweit festgelegten Stoffen enthalten
. Darüber hinaus sind Emissionsgrenzwerte für andere Schadstoffe festzulegen, die von der betreffenden Anlage voraussichtlich in erheblichen Mengen emittiert werden. Auch hier sorgen zahlreiche Übergangs- und Ausnahmeregelungen dafür, dass die nationalen Behörden über ein ausreichendes Maß an Flexibilität verfügen, um den örtlichen Gegebenheiten, der allgemeinen Situation im Bereich der Luftverschmutzung, der Größe, dem Standort und dem Alter der Anlage sowie der wirtschaftlichen Situation Rechnung zu tragen. So ist es zum Beispiel möglich, dass zwei Industrieanlagen, die in kurzer Entfernung zueinander liegen, hinsichtlich der Emissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe recht unterschiedlichen Bedingungen unterliegen.
Inwieweit diese Bestimmungen für Industrieanlagen ausreichend sind, bleibt abzuwarten. Anfang 2016 und danach in regelmäßigen Abständen hat die Kommission einen Bericht zu veröffentlichen, in dem beurteilt wird, ob unionsweite Mindestanforderungen für Emissionsgrenzwerte festgelegt werden müssen; die Kommission legt gegebenenfalls diesbezügliche Legislativvorschläge vor. Viel wird daher von der Frage abhängen, ob die Überwachung der Emissionen von Industrieanlagen in der gesamten Europäischen Union wirksam zur Verringerung der Schadstoffkonzentration in der Luft beitragen wird.