Grenzüberschreitende Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in Europa

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Anerkennung und Vollstreckung: Unterhaltsverordnung

Kapitel IV – Abschnitt 2

 

Die Vorschriften für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen aus Kapitel IV, Abschnitt 2 der Verordnung (Artikel 23-38) werden auf Entscheidungen von EU-Mitgliedstaaten angewendet, die nicht an das Haager Protokoll von 2007 gebunden sind.

Dieser Abschnitt wird gegenwärtig auf im Vereinigten Königreich ergangene Entscheidungen angewendet, und sein Inhalt ist gleichermaßen auf in Dänemark ergangene Entscheidungen anwendbar.

Obwohl das Exequaturverfahren nicht abgeschafft wurde, ist die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus einem nicht an das Haager Protokoll von 2007 gebundenen Staat ein zügiger Prozess. Abschnitt 2 folgt in etwa den Anerkennungs- und Vollstreckungsvorschriften der Brüssel I-Verordnung, führt aber im Vergleich zur Brüssel I-Verordnung eine weitere Vereinfachung und Beschleunigung der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen ein.

Nach Artikel 23 der Unterhaltsverordnung (der Artikel 33 der Brüssel I-Verordnung gleichkommt) werden Entscheidungen, die in einem (nicht an das Haager Protokoll von 2007 gebundenen) Mitgliedstaat ergehen, in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Jedoch kann jede Person, die die Anerkennung einer Entscheidung als prinzipielle Frage in einem Rechtsstreit geltend macht, „die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung anzuerkennen ist“, Artikel 23 Abs. 2. Falls die Vollstreckbarkeit der Entscheidung wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs im Ursprungsmitgliedstaat einstweilen eingestellt wurde, muss das Gericht des Mitgliedstaates, in dem die Anerkennung beantragt wird, das Anerkennungsverfahren aussetzen, Artikel 25 der Unterhaltsverordnung.

Für die Vollstreckbarkeit einer Entscheidung, die in einem nicht an das Haager Protokoll von 2007 gebundenen Mitgliedstaat ergangen ist, bedarf es einer Vollstreckbarerklärung. Jeder Berechtigte kann bei der zuständigen Behörde im Mitgliedstaat (Artikel 27 der Unterhaltsverordnung) der Vollstreckung eine solche Vollstreckbarerklärung beantragen, wenn die betreffende Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, Artikel 26 der Unterhaltsverordnung (Wiedergabe von Artikel 38 Abs. 1 der Brüssel I-Verordnung). Artikel 28 der Unterhaltsverordnung zählt die Schriftstücke auf, die dem Antrag auf Ausstellung einer Vollstreckbarerklärung beizufügen sind. Was Abschnitt 1 betrifft, wurde für die Vollstreckung nach Abschnitt 2 ein mehrsprachiges Formblatt entwickelt, um den Austausch von für die Entscheidung relevanten Informationen zwischen den Behörden verschiedener Mitgliedstaaten zu erleichtern. Das Formblatt in Anhang II der Verordnung muss vom Ursprungsgericht ausgestellt werden (siehe Artikel 28 Abs. 1 b), siehe jedoch auch Artikel 29 zur Befreiung von dieser Verpflichtung).

Die Vollstreckbarerklärung muss unmittelbar nach Abwicklung der Formalitäten ohne Nachprüfung der Anerkennungsablehnungsgründe, die in Artikel 24 der Unterhaltsverordnung aufgeführt sind, ausgestellt werden. Die Partei, zulasten derer die Vollstreckung beantragt wird, ist in diesem Stadium nicht berechtigt, eine Erklärung abzugeben (ähnlich wie Artikel 41 der Brüssel I-Verordnung). Im Gegensatz zur Brüssel I-Verordnung legt die Unterhaltsverordnung eine Frist fest, innerhalb derer die Vollstreckbarerklärung auszustellen ist: „30 Tage nachdem diese Förmlichkeiten erfüllt sind, [es sei denn,] dies erwiese sich aufgrund außergewöhnlicher Umstände als nicht möglich“, Artikel 30 der Unterhaltsverordnung.

Maintenance Regulation - Section 2

Nach Artikel 31 der Unterhaltsverordnung muss die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung dem Antragsteller „[...] in der Form mitgeteilt werden, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats vorsieht“. Zudem muss die Vollstreckbarerklärung „der Partei zugestellt werden, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll“ (siehe bereits Artikel 42 der Brüssel I-Verordnung).

Nur in diesem Stadium können die Parteien intervenieren. Nach Artikel 32 der Unterhaltsverordnung kann jede Partei gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einen Rechtsbehelf beim zuständigen Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaates einlegen (zum zuständigen Gericht siehe Notifikationen der Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 71). Der Rechtsbehelf muss innerhalb der in Artikel 32 Abs. 3 der Unterhaltsverordnung vorgesehenen Fristen eingereicht werde (die etwas kürzer als die Fristen von Artikel 43 Abs. 5 der Brüssel I-Verordnung ausfallen). Der Rechtsbehelf wird „im Einklang mit den Bestimmungen behandelt, die kontradiktorische Verfahren regeln“, Artikel 32 Abs. 3 der Unterhaltsverordnung. Unterwirft sich die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, dem Verfahren vor dem mit dem Rechtsbehelf des Antragstellers befassten Gericht nicht, so ist auch Artikel 11 anzuwenden, Artikel 32 Abs. 4 der Unterhaltsverordnung.

Die Vollstreckbarerklärung darf von dem mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 32 oder Artikel 33 befassten Gericht nur aus einem der in Artikel 24 der Unterhaltsverordnung aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden, siehe Artikel 34 der Unterhaltsverordnung. Im Gegensatz zur Brüssel I-Verordnung darf die Ablehnung oder Aufhebung der Anerkennung eines Urteils nicht auf Zuständigkeitsgründen beruhen (Abschnitt 2 der Unterhaltsverordnung enthält keine gleichwertige Bestimmung zu Artikel 35 der Brüssel I-Verordnung). Darüber hinaus stellt Artikel 24 a) der Unterhaltsverordnung heraus, dass die „Vorschriften über die Zuständigkeit nicht zur öffentlichen Ordnung gehören“. Abgesehen von diesem Unterschied entsprechen die Gründe für eine Ablehnung in Abschnitt 2 der Unterhaltsverordnung generell den in der Brüssel I-Verordnung aufgeführten Gründen. Eine Entscheidung wird nicht anerkannt,

  • wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widerspräche,
  • wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Antragsgegner hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte,
  • wenn sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist

(siehe Artikel der Unterhaltsverordnung, siehe auch Artikel 34 der Brüssel I-Verordnung).

Bezüglich der „Unvereinbarkeit“ nach Artikel 24 stellt die Unterhaltsverordnung heraus, dass eine Entscheidung, „die bewirkt, dass eine frühere Unterhaltsentscheidung aufgrund geänderter Umstände geändert wird, nicht als unvereinbare Entscheidung gelten soll“.

Die Unterhaltsverordnung führt eine Frist ein, innerhalb derer das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht eine Entscheidung verkünden muss. Diese Frist beträgt 90 Tage ab dem Tag der Anrufung des Gerichts, es sei denn es liegen außergewöhnliche Umstände vor, Artikel 34 Abs. 2 der Unterhaltsverordnung. Der Rechtsbehelf wird nur bei dem Gericht eingelegt, das der betreffende Mitgliedstaat der Kommission nach Artikel 71 genannt hat“ siehe Artikel 33 der Unterhaltsverordnung (siehe für weitere Informationen auch Artikel 34 der Unterhaltsverordnung).

Falls die Vollstreckbarkeit der Entscheidung, deren Vollstreckung beantragt wird, im Ursprungsmitgliedstaat infolge eines Rechtsbehelfs aufgehoben wird, sieht Artikel 35 der Unterhaltsverordnung vor, dass das „mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 32 oder 33 befasste Gericht auf Antrag der Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, das Verfahren aussetzt“.

Es sei darauf hingewiesen, dass nach Artikel 37 der Unterhaltsverordnung auch eine teilweise Vollstreckbarkeit der Entscheidung möglich ist.

Mit der Frage einstweiliger Maßnahmen, einschl. Sicherungsmaßnahmen, befasst sich Artikel 36 der Unterhaltsverordnung: „Ist eine Entscheidung nach diesem Abschnitt anzuerkennen, so ist der Antragsteller nicht daran gehindert, einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung [...] bedarf.“ Artikel 36 stellt zudem klar, dass die Vollstreckbarerklärung von Rechts wegen das Recht einschließt, Schutzmaßnahmen zu veranlassen. Solange die vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung läuft, sind nur „Sicherungsmaßnahmen gegen das Vermögen der Partei zulässig“, gegen die die Vollstreckung beantragt wird, Artikel 36 Abs. 3 der Unterhaltsverordnung.

Artikel 38 der Unterhaltsverordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass im Vollstreckbarerklärungsverfahren keine nach dem Streitwert abgestuften Stempelabgaben oder Gebühren erhoben werden dürfen.