Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen
Kapitel III der Brüssel IIa-Verordnung befasst sich mit der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen. Nach Artikel 59 der Verordnung löst sie Übereinkommen ab, die zwischen zwei oder mehreren Mitgliedsstaaten vereinbart wurden und Angelegenheiten betreffen, die von der Verordnung geregelt werden. Siehe weiter Kapitel V.
Ein Urteil zu Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe in einem Mitgliedsstaat soll in allen anderen Mitgliedsstaaten anerkannt werden, ohne dass ein spezielles Verfahren erforderlich wäre (Artikel 21 Abs. 1). Die bedeutet insbesondere:
- dass kein spezielles Verfahren zur Beischreibung in den Personenstandsbüchern in einem Mitgliedsstaat auf Grundlage eines in einem anderen Mitgliedsstaat gesprochenen rechtskräftigen Urteils zu Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe erforderlich sein soll (Artikel 21 Abs. 2). Die für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern zuständigen Behörden werden entscheiden, ob die ausländische Entscheidung nach den Bestimmungen der Verordnung anerkannt werden kann.
- Wenn die Anerkennung einer Entscheidung als Vorfrage im Gericht eines Mitgliedsstaates aufgeworfen wird, kann sich dieses Gericht mit dieser Frage befassen (Artikel 21 Abs. 4).
In einem Mitgliedsstaat gesprochene Urteile zu Ehesachen sollen prinzipiell in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt werden. Die Verordnung legt klar fest, dass eine Entscheidung unter keinen Umständen in der Sache nachgeprüft werden darf (Artikel 26) und dass die Anerkennung eines Urteils nicht verweigert werden darf, weil nach dem Recht des Mitgliedsstaates, in dem eine solche Anerkennung beantragt wird, unter Zugrundelegung desselben Sachverhalts die Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigkeitserklärung einer Ehe nicht zulässig wäre.
Nach Artikel 24 darf die Zuständigkeit des Gerichts im Ursprungsmitgliedsstaat der Entscheidung, deren Anerkennung beantragt wird, nicht geprüft werden.
Artikel 22 enthält die Gründe für eine Nichtanerkennung von Gerichtsurteilen zu Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigkeitserklärung einer Ehe. Die Anerkennung einer Entscheidung zu einer Ehesache kann verweigert werden,
- wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Mitgliedstaats, in dem sie beantragt wird, offensichtlich widerspricht ;
- wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, es wird festgestellt, dass er mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;
- wenn die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Verfahren zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung beantragt wird, ergangen ist; oder
- wenn die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die Anerkennung beantragt wird.
- eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt;
- eine Bescheinigung, die anhand des Vordrucks ausgestellt wird, der in Anhang I der Verordnung enthalten ist. Diese Bescheinigung wird vom zuständigen Gericht oder Behörde des Ursprungsmitgliedsstaates der Entscheidung ausgestellt, deren Anerkennung beantragt wird.
- Bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der Partei, die sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, zugestellt wurde; oder eine Urkunde, aus der hervorgeht, dass der Antragsgegner mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist.
Werden die unter b) und c) aufgeführten Urkunden nicht vorgelegt, so kann das Gericht eine Frist setzen, innerhalb deren die Urkunden vorzulegen sind, oder - falls es der Ansicht ist, dass es ausreichende Informationen hat – ohne deren Vorlage ein Urteil sprechen.
Schriftstücke müssen nur übersetzt werden, wenn die Behörden, die sie anfordern, ihre Übersetzung verlangen. In diesem Fall ist die Übersetzung von einer in einem Mitgliedsstaat dazu autorisierten Person zu beglaubigen (Artikel 38).
Einer Legalisierung der Schriftstücke oder ähnlicher Formalitäten bedarf es nicht (Artikel 52).