Zuständigkeit bei Ehesachen
Die Verordnung 2201/2003 legt Vorschriften zur Zuständigkeit fest, die den Mitgliedsstaat bezeichnen, in dem Verfahren zu Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigkeitserklärung einer Ehe eingeleitet werden können. Diese Vorschriften betreffen nur die internationale Zuständigkeit: Das jeweilige Gericht bzw. die Behörde im zuständigen Mitgliedsstaat wird im konkreten Fall durch die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften festgelegt.
Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit, die im Recht der Mitgliedsstaaten existieren, sind im Prinzip nicht anwendbar, wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates ist oder – im Falle Irlands und des Vereinigten Königreichs – seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat (Artikel 6).
Jedoch kommen innerstaatliche Ausnahmevorschriften zur internationalen Zuständigkeit ins Spiel, wenn es in
einem Mitgliedstaat keine Gerichte gibt, die für die Sache nach der Restzuständigkeitsbestimmung nach
Artikel 7 zuständig sind. Diese Bestimmung wurde vom
EuGH) im Fall Sundelind López klar festgelegt
(Rechtssache C-68/07).
Artikel 3 der Brüssel IIa-Verordnung sieht sieben Gründe vor, aufgrund derer die Zuständigkeit den Gerichten der Mitgliedsstaaten zugesprochen wird. Diese Gründe sind nicht hierarchisch aufgeführt, sondern ergänzen sich gegenseitig. Ein Gericht hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, für die es nach dieser Verordnung keine Zuständigkeit hat und für die das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung zuständig ist (Artikel 17)). Soweit sich nach der Verordnung keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaates ergibt, bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts dieses Staates (Restzuständigkeit nach Artikel 7).
Die Tatsache, dass so viele Zuständigkeitsgründe zur Verfügung stehen, kann dazu führen, dass Gerichte aus mehr als einem Mitgliedsstaat für dieselbe Sache zuständig sind. Werden verschiedene Verfahren in verschiedenen Mitgliedsstaaten zur selben Ehe eingeleitet, kommt die in Artikel 19.1 vorgesehene Rechtshängigkeitsregel zur Anwendung. Die Rechtshängigkeitsregel gilt auch, wenn die Klagen im ersten und zweiten Verfahren verschieden sind und eines der Verfahren die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes betrifft, während ein anderes Verfahren die Ehescheidung oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe betrifft.
Die Bestimmung zur Rechtshängigkeit wendet die Prioritätsregel an. Das später angerufene Gericht hat das Verfahren auszusetzen, bis das zuerst angerufene Gericht entschieden hat, ob es zuständig ist. Falls dies der Fall ist, hat das zuerst angerufene Gericht die Sache anzuhören und das später angerufene Gericht sich zugunsten dieses Gerichts für unzuständig zu erklären. In diesem Fall kann der Antragsteller, der den Antrag bei dem später angerufenen Gericht gestellt hat, diesen Antrag dem zuerst angerufenen Gericht vorlegen.
Artikel 16 legt fest, wann ein Gericht als angerufen gilt.
Die Zuständigkeitsgründe nach Artikel 3 können nach dem ihnen zugrundeliegendem Hauptaspekt klassifiziert werden: gewöhnlicher Aufenthalt oder Staatsangehörigkeit.