Principles of EU Environmental Law

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INHALT

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Allgemeine Grundsätze
Wirksamkeit

 

Dieses allgemeine Erfordernis wird im sekundären Unionsrecht weiter präzisiert, unter anderem in der Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, die besagt, dass es möglich sein muss, bestimmte Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen zu ahnden. Die Richtlinie legt weder Arten noch Höhe der Sanktionen fest. Den Mitgliedstaaten wird bei der Festlegung der Quantität und Qualität der Sanktionen ein gewisser Spielraum eingeräumt. Darüber hinaus verlangt eine Vielzahl von EU-Umweltrichtlinien, dass die Mitgliedstaaten 1) ein wirksames System von Sanktionen oder 2) ein wirksames System von Sanktionen mit besonderen Sanktionen und Maßnahmen wie dem Entzug der Genehmigung oder Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Einhaltung der Vorschriften innerhalb kürzester Zeit wiederhergestellt wird, einführen. Auch hier gilt, dass die Sanktionen wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen.

Beispiel:
In der Rechtssache C-487/14 Total Waste Recycling prüfte der EuGH die Verhältnismäßigkeit der von der Aufsichtsbehörde für Verstöße gegen die Regelung über die Verbringung von Abfällen verhängten Geldbuße. Die Geldbuße wurde gegen ein Transportunternehmen verhängt, das eine andere als die von den zuständigen Behörden genehmigte Grenzübergangsstelle nutzte. Die Geldbuße entsprach einer Strafe, die bei völligem Fehlen der Transportgenehmigung verhängt wurde. Nach Ansicht des EuGH sollte das nationale Gericht beurteilen, ob die Höhe der Sanktion insbesondere die Risiken eines Schadens widerspiegelt, der durch ein bestimmtes Verhalten im Bereich der Umwelt und der menschlichen Gesundheit verursacht werden könnte. Die Höhe der Sanktion sollte nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für Umwelt und menschliche Gesundheit erforderlich ist, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Falles (siehe auch eine ähnliche Rechtssache C-69/15 Nutrivet: „dass das nationale Gericht im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer solchen Sanktion insbesondere die Gefahren zu berücksichtigen hat, die durch diesen Verstoß im Bereich des Schutzes der Umwelt und der menschlichen Gesundheit hervorgerufen werden können“).

In der Praxis kann es Grenzen für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts geben. Erstens kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist (Rechtssache C-122/17 Smith, Randnr. 42). Darüber hinaus muss das nationale Gericht, das die Aufgabe hat, Unionsrecht anzuwenden, zuweilen eine Reihe von Grundrechten miteinander in Einklang bringen (Rechtssache C-73/07 Satakunnan Markkinapörssi and Satamedia, Randnr. 52-53). In manchen Fällen muss die umfassende Anwendung einer Bestimmung des Unionsrechts einem allgemeinen Rechtsgrundsatz (Rechtssache C-234/17 XC u.a., Randnr. 53) oder einem Grundrecht (Rechtssache C-310/16 Dzivev u.a., Randnr. 33, 34, 36, 39) weichen. Insbesondere die Inhaftnahme muss ein letztes Mittel darstellen (Schlussanträge in C-528/15 Al Chodor, Randnr. 55).

Beispiel:
In der Rechtssache C-752/18 Deutsche Umwelthilfe efasste sich der EuGH mit der Weigerung einer deutschen Landesregierung, einem Gerichtsurteil nachzukommen, in dem der Freistaat Bayern aufgefordert wurde, seinen Luftqualitätsplan durch Verhängung eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge in der Stadt München zu ändern. Der Freistaat Bayern weigerte sich, ein solches Verbot zu erlassen, obwohl gegen ihn wiederholt Zwangsgelder verhängt worden waren (die Zahlung von Zwangsgeldern mindert die Mittel des Freistaats nicht). Das nationale Gericht zog in Erwägung, die hohen politischen Vertreter in Zwangshaft zu nehmen, was mit der Verfassung kollidieren könnte. Der EuGH gelangte zu dem Schluss, dass das nationale Gericht nicht allein auf der Grundlage des Effektivitätsgrundsatzes und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz Zwangshaft verhängen kann. Jede Einschränkung des Rechts auf Freiheit muss nämlich in einer Rechtsvorschrift vorgesehen sein, die den Anforderungen von Artikel 52 Absatz 1 der Charta entspricht.

Die volle Wirksamkeit des Unionsrechts und ein angemessener Schutz der Rechte, die dem Einzelnen daraus erwachsen, können gegebenenfalls durch den Grundsatz der Haftung des Staates für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, gewährleistet werden. Dieser Grundsatz gilt für jeden Fall des Verstoßes eines Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht unabhängig davon, welche staatliche Stelle diesen Verstoß begangen hat (Rechtssache C-168/15 Tomášová, Randnr. 18-19).