Introduction to EU Anti-discrimination Law

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INHALT

Modul 2:
Ausnahmen von den Nichtdiskriminierungsgrundsätzen

 

Es gibt mehrere wichtige Ausnahmen von den allgemeinen Nichtdiskriminierungsgrundsätzen, die sowohl in der Rassen- und der Rahmenrichtlinie als auch in den Gleichstellungsrichtlinien zum Tragen kommen: wesentliche berufliche Anforderungen und positive Maßnahmen.

Bezogen auf unmittelbare und mittelbare Diskriminierung gilt eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz der Nichtdiskriminierung, wenn es wesentliche berufliche Anforderungen im Zusammenhang mit einem geschützten Merkmal gibt. Es liegt keine rechtswidrige Diskriminierung vor, wenn nachgewiesen werden kann, dass:

  • aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung;
  • das betreffende Merkmal (Rasse, Religion oder Weltanschauung, sexuelle Ausrichtung, Behinderung oder Alter) eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt;
  • sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.

Beispiel:

Eine Wohltätigkeitsorganisation arbeitet mit homosexuellen Frauen und Männern, die am Arbeits- oder Ausbildungsplatz Mobbing oder Gewalt im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Ausrichtung erlitten haben. Die NRO will nur homosexuelle Berater einstellen, weil sich diese ihrer Auffassung nach besser mit den homosexuellen Opfern identifizieren und sie somit besser beraten können. Dies wäre wahrscheinlich eine wesentliche berufliche Anforderung und würde keine rechtswidrige Diskriminierung darstellen.

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Es gibt nach der Rahmenrichtlinie auch eine spezifische Ausnahme im Zusammenhang mit wesentlichen beruflichen Anforderungen und Religion oder Weltanschauung. Diese wird in Modul 3 über Religion oder Weltanschauung behandelt.

Die Bestimmungen zu positiven Maßnahmen in der Rassen- und der Rahmenrichtlinie sind eine andere Art von Ausnahme. Ihr Ziel besteht darin, Maßnahmen zu erlauben, mit denen Benachteiligungen der geschützten Gruppen im Berufsleben (Antirassismus- und Rahmenrichtlinie) oder in anderen Bereichen wie Bildung und Erbringung von Dienstleistungen (Antirassismusrichtlinie) verhindert oder ausgeglichen werden. Die Bestimmungen zu positiven Maßnahmen sollen somit durch Politiken, Programme oder andere Maßnahmen ein höheres Maß an Gleichheit bewirken. Gemäß der Rechtsprechung müssen positive Maßnahmen, um rechtmäßig zu sein, folgende Vorgaben erfüllen:

  • sie müssen sich gegen einen bestimmten Nachteil einer Gruppe richten, der belegbar sein muss;
  • sie müssen verhältnismäßig sein; und
  • sie dürfen nur solange Bestand haben, wie der Nachteil fortbesteht.

Positive Diskriminierung zugunsten einer geschützten Gruppe, bei der eine Gruppe automatisch eine Vorzugsbehandlung erfährt, ist jedoch nicht zulässig. Dies wäre rechtswidrige Diskriminierung.

Beispiel:

Eine örtliche Feuerwehr stellt anhand ihrer Kontrolldaten fest, dass Frauen als Feuerwehrleute unterrepräsentiert sind. Die Feuerwehr macht in ihrem nächsten Einstellungsverfahren deutlich, dass Bewerbungen von Frauen willkommen sind, und veranstaltet einen Tag der offenen Tür für potenzielle Bewerberinnen, bei dem sie weibliche Feuerwehrleute treffen können. Die Feuerwehr darf jedoch nicht garantieren, dass alle Frauen, unabhängig von ihrer Eignung, die ersten Phasen des Bewerbungsverfahrens erfolgreich durchlaufen werden.

Die einzige Ausnahme bildet diesbezüglich die geschützte Gruppe der Menschen mit Behinderung. Eine Vorzugsbehandlung von Menschen mit Behinderung ist nicht rechtswidrig. Damit wird anerkannt, dass Menschen mit Behinderung beim Zugang zu Beschäftigung und anderen Aktivitäten generell mit zahlreichen Barrieren konfrontiert sind. Es besteht die Möglichkeit, einen Stellenbewerber mit einer Behinderung auch dann günstiger zu behandeln, wenn er in der jeweiligen Situation aufgrund seiner Behinderung nicht benachteiligt ist.

Beispiel:

Ein Arbeitgeber zieht grundsätzlich alle Bewerber mit Behinderungen, die die Mindestanforderungen für die betreffende Stelle erfüllen, in die engere Wahl und lädt sie zum Bewerbungsgespräch ein. Dies wäre gesetzlich zulässig. Es wäre keine rechtswidrige Diskriminierung von Bewerbern ohne Behinderung, die ebenfalls die Mindestanforderungen erfüllen, aber nicht in die engere Wahl kommen.