Nitratrichtlinie
Durch Nitrate gefährdete Zonen
Zwar haben die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung gefährdeter Gewässer wegen der Komplexität der Prüfungen, die sie in diesem Zusammenhang vorzunehmen haben, einen „weiten Ermessensspielraum“, doch müssen sie bei dieser Bestimmung dem Zweck der Richtlinie Rechnung tragen, der in der „Verringerung der Verunreinigung der Gewässer durch Nitrat landwirtschaftlichen Ursprungs“ besteht; die Ausübung dieses Ermessens darf daher nicht (...) dazu führen, dass ein erheblicher Teil der stickstoffbelasteten Gewässer nicht von der Richtlinie erfasst wird (Rechtssache C-258/00 Kommission gegen Frankreich, Randnrn. 53-54; Rechtssache C-356/13 Kommission gegen Polen, Randnrn. 38-42).
Die Mitgliedstaaten sind weder verpflichtet, den Anteil der Verunreinigung zu bestimmen, der auf Nitrat landwirtschaftlichen Ursprungs zurückzuführen ist, noch müssen sie nachweisen, dass die Ursache dieser Verunreinigung ausschließlich in der Landwirtschaft liegt. Sie müssen nicht nur die Verschmutzung aus landwirtschaftlichen Quellen berücksichtigen, sondern auch diejenige aus anderen Quellen, um einen zulässigen Höchstwert für die Verschmutzung von für den menschlichen Verbrauch bestimmtem Wasser festzulegen (Rechtssache C-293/97 H.A. Standley u.a. & D.G.D. Metson u.a.; Rechtssache 356/13 Kommission gegen Polen). Mit anderen Worten reicht die bloße Tatsache, dass häusliche oder industrielle Einleitungen ebenfalls zur Nitratkonzentration in Oberflächengewässern beitragen, als solche nicht aus, um die Anwendung der Richtlinie 91/676 als Möglichkeit auszuschließen (Rechtssache C-356/13 Kommission gegen Polen). Die Richtlinie gilt jedoch nur insoweit, als Einleitungen landwirtschaftlichen Ursprungs in signifikanter Weise zur Verschmutzung beitragen, auch wenn das Unionsrecht keinen praxisbezogenen Schwellenwert vorsieht. Darüber hinaus implizieren die obigen Erwägungen nicht, dass die Landwirte die Kosten der Beseitigung von Verschmutzung tragen sollten, zu der sie nicht beigetragen haben (Rechtssache C-293/97 H.A. Standley u.a. & D.G.D. Metson u.a.).
Die bloße Ermächtigung einer Verwaltungsbehörde, Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind oder werden könnten, zu bestimmen und gefährdete Gebiete auszuweisen, genügt nicht zur Umsetzung und Durchführung der Richtlinie: Nach Ansicht der Kommission müssen „die Bestimmung der erwähnten Gewässer und die Ausweisung der gefährdeten Gebiete (…) nach dem (...) vorgesehenen Verfahren erfolgen. Dieses umfasse zwei vorgeschriebene Abschnitte, nämlich erstens die Bestimmung der Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind oder betroffen werden können, durch die Mitgliedstaaten und zweitens die Ausweisung der gefährdeten Gebiete auf der Grundlage der auf diese Weise bestimmten Gewässer.“ (Rechtssache C-221/03 Kommission gegen Belgien).