Introduction to EU Anti-discrimination Law

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INHALT

Modul 4:
Fallstudie

 

Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung, interne Arbeitsordnung betreffend religiöse Symbole

Achbita, Rechtssache C-157/15

Sachverhalt:
Im Jahr 2003 trat die Beschwerdeführerin, eine Muslima, eine Stelle als Rezeptionistin an. Nach drei Jahren bestand sie darauf, dass es ihr gestattet sein sollte, bei der Arbeit das islamische Kopftuch zu tragen. In Reaktion darauf setzte die Geschäftsleitung die Beschwerdeführerin darüber in Kenntnis, dass das Tragen eines Kopftuchs nicht geduldet werde, da das sichtbare Tragen politischer, philosophischer oder religiöser Zeichen der durch das Unternehmen angestrebten Neutralität widerspreche. Da sie darauf beharrte, wurde ihr Arbeitsvertrag aufgehoben.

Fraglich war, ob das für alle Arbeitnehmer geltende Verbot des Arbeitgebers, am Arbeitsplatz äußere Zeichen politischer, philosophischer und religiöser Überzeugungen zu tragen, gerechtfertigt ist und keine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Rahmenrichtlinie darstellt.

Feststellungen des Gerichtshofs:
Der Gerichtshof führte aus, dass die in Rede stehende interne Regel das Tragen sichtbarer Zeichen politischer, philosophischer oder religiöser Überzeugungen regele und damit unterschiedslos für jede Bekundung solcher Überzeugungen gelte. Daher sei davon auszugehen, dass nach dieser Regel alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden. Der Gerichtshof unterstrich, dass die interne Regel, die das sichtbare Tragen religiöser Symbole untersagte, auf die Beschwerdeführerin nicht anders angewandt wurde als auf jeden anderen Arbeitnehmer. Daher entschied der Gerichtshof, dass diese interne Regel keine unmittelbar auf der Religion oder der Weltanschauung beruhende Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 begründet.

Der Gerichtshof stellte ferner fest, dass das nationale Gericht zu prüfen habe, ob diese interne Regel eine mittelbar auf der Religion oder der Weltanschauung beruhende Ungleichbehandlung begründen kann, falls sie nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Konsequenzen:
Das Urteil ist als wichtiger Schritt bei der Auslegung des Geltungsbereichs des Verbots der Diskriminierung wegen der Religion am Arbeitsplatz zu betrachten. Es legt einen Standard hinsichtlich der Rechte des Arbeitgebers zur Einführung interner Neutralitätsvorschriften fest und rechtfertigt ein allgemeines Verbot des sichtbaren Tragens religiöser Symbole. Der Gerichtshof führte jedoch aus, dass eine derartige Behandlung jederzeit unter dem Gesichtspunkt des Verbots der mittelbaren Diskriminierung geprüft werden könne.