Introduction to EU Anti-discrimination Law

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INHALT

Modul 4:
Die Schutzgründe Religion oder Weltanschauung

 

Es ist anzumerken, dass es hier, anders als bei den anderen Diskriminierungsgründen, eine spezifische Ausnahme für berufliche Anforderungen im Zusammenhang mit religiösen Einrichtungen gibt. Artikel 4 Absatz 2 der Rahmenrichtlinie enthält diese Ausnahme im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten innerhalb von Kirchen und anderen öffentlichen oder privaten Organisationen mit religiösem Ethos. Er besagt, dass:

  • eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung einer Person keine Diskriminierung darstellt, wenn;
  • nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung;
  • die Religion oder die Weltanschauung dieser Person eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

Die Ausnahme ähnelt der allgemeinen wesentlichen beruflichen Anforderung nach Artikel 4 Absatz 1 der Rahmenrichtlinie, die für alle geschützten Gruppen gilt. Sie besagt jedoch speziell, dass die Ausnahme nicht zur Rechtfertigung einer Diskriminierung aus einem anderen Grund genutzt werden darf. So könnte die Ausnahme beispielsweise nicht zur Rechtfertigung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Ausrichtung genutzt werden, die oftmals im Kontext von Religion oder Weltanschauung auftreten.

Es besteht auch eine Beziehung zwischen den Bestimmungen der Rahmenrichtlinie zur Diskriminierung wegen der Religion und den Artikeln 9 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Artikel 9 besagt, dass jede Person das Recht auf eine bestimmte Religion oder Weltanschauung hat. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, sofern dieses Recht nicht, beispielsweise zum Schutz der Rechte anderer oder aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen, eingeschränkt werden muss. Artikel 14 besagt, dass der Genuss der Rechte nach der EMRK ohne Diskriminierung zu gewährleisten ist, was auch die Diskriminierung wegen der Religion umfasst.

Beispiel:

Ein Arbeitgeber untersagt seinen Mitarbeitern grundsätzlich das Tragen von Kopfbedeckungen. Sofern diese Politik nicht objektiv gerechtfertigt werden kann, ist dies eine mittelbare Diskriminierung von Sikh-Männern, die einen Turban tragen, muslimischen Frauen, die ein Kopftuch tragen, sowie praktizierenden Juden, die eine Kalotte tragen, um ihre Religion zu bekunden.

Es gab eine Vielzahl von Verfahren vor nationalen Gerichten sowie vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, in denen Fragen im Zusammenhang mit Artikel 9 behandelt wurden.

Eine eingehende Behandlung von Fragestellungen und Rechtssachen im Zusammenhang mit Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung sowie von Fragestellungen betreffend Artikel 9 finden Sie in dem Bericht von Equinet, dem europäischen Netz nationaler Gleichbehandlungsstellen:

Equinet-Bericht: A Question of Faith: Religion and Belief in Europe © Equinet 2011
(Eine Frage des Glaubens: Religion und Weltanschauung in Europa)

Bisher gab es nur eine begrenzte Zahl von Verfahren vor dem EuGH, in denen Fragen im Zusammenhang mit Diskriminierung wegen der Religion behandelt wurden.

Hier finden Sie themenverwandte Referentenbeiträge früherer Seminare.