Introduction to EU Anti-discrimination Law

SCHMUCKBILD + LOGO

BREADCRUMB

INHALT

Modul 3:
Fallstudie

 

Der Begriff der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung wegen der Rasse, Definition der Diskriminierungsgründe Rasse und ethnische Herkunft

CHEZ Razpredelenie Bulgaria, Rechtssache C-83/14

Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin beschwerte sich bei der bulgarischen Gleichbehandlungsstelle (Kommission für den Schutz vor Diskriminierung) darüber, dass der Stromzähler viel höher angebracht war, als in anderen Stadtteilen. Sie machte geltend, dass dies darauf beruhe, dass die meisten Bewohner des Stadtteils Personen mit Roma-Herkunft seien. Sie rügte, dass sie den Zählerstand von ihrem Stromzähler nicht zur Kontrolle ihres Verbrauchs ablesen und die an sie gerichteten Stromrechnungen, die sie für überhöht halte, nicht überprüfen könne. Sie warf der Gesellschaft unmittelbare Diskriminierung wegen der Nationalität vor. Wichtig ist, dass die Beschwerdeführerin ihre ethnische Herkunft explizit als bulgarisch bezeichnete und sich selbst nicht als der Gruppe der Roma angehörend definierte.

Feststellungen des Gerichtshofs:
Der Gerichtshof stellte fest, dass die Elektrizitätsversorgung unter die Antirassismusrichtlinie 2000/43 fällt. Die Anbringung von Stromzählern in einer unzugänglichen Höhe in einem Stadtteil mit kompakter Roma-Bevölkerung kann eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft darstellen, wenn diese Zähler in anderen Stadtteilen in einer normalen Höhe angebracht sind. Der Gerichtshof prägte ferner den Begriff der ethnischen Herkunft, d. h. den Gedanken, dass gesellschaftliche Gruppen insbesondere durch eine Gemeinsamkeit der Staatsangehörigkeit, Religion, Sprache, kulturelle und traditionelle Herkunft und Lebensumgebung gekennzeichnet sind. Den Ausführungen des Gerichtshofs zufolge erfasst diese Begriffsbestimmung auch die Gemeinschaft der Roma.
Hinsichtlich der Beweislast reichte die öffentliche Äußerung aus, um eine Vermutung für das Vorliegen einer unmittelbar diskriminierenden Einstellungspolitik zu begründen. Es oblag dann dem Arbeitgeber, zu beweisen, dass keine Diskriminierung vorgelegen hat.

Konsequenzen:
Der Gerichtshof entschied, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur für Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft gilt, sondern auch für Personen, die zwar selbst nicht der betreffenden ethnischen Gruppe angehören, aber dennoch infolge einer diskriminierenden Maßnahme zusammen mit Ersteren weniger günstig behandelt oder in besonderer Weise benachteiligt werden.

Der Gerichtshof nahm ferner eine Auslegung der Bedeutung des Begriffs der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung wegen der Rasse vor. Wurde die zu einer Ungleichbehandlung führende Verhaltensweise aus durch Rasse oder ethnische Herkunft motivierten Gründen eingeführt, ist diese als „unmittelbare Diskriminierung“ zu bezeichnen. Die Situation ist jedoch in Bezug auf „mittelbare Diskriminierung“ wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft anders zu beurteilen. In diesem Fall muss das Verhalten nicht durch diskriminierende Gründe motiviert sein.

Siehe auch die Fallstudie zu der Rechtssache Accept (C-81/12) in Module 5 zur Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung.


Hier finden Sie themenverwandte Referentenbeiträge früherer Seminare.

LINKS