Diskriminierung aufgrund des Alters und Eintritt in den Ruhestand
Kommission gegen Ungarn, Rechtssache C-286/12, 6. November 2012
Sachverhalt:
Die Europäische Kommission leitete das Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein, nachdem Ungarn nationale Rechtsvorschriften über die Altersgrenze für das zwingende Ausscheiden von Richtern, Staatsanwälten und Notaren aus dem Dienst erlassen hatte. Durch die neue Regelung wurde die Altersgrenze von 70 auf 62 Jahre abgesenkt. Die Kommission vertrat die Ansicht, dass der Mitgliedstaat seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/78 verletzt habe und dass das Alterskriterium nicht durch legitime Ziele gerechtfertigt werden könne und jedenfalls weder geeignet noch erforderlich sei. Die Kommission erklärte, dass die streitigen Bestimmungen gegen Artikel 2 und Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78 verstoßen, und machte geltend, dass die Absenkung der Altersgrenze eine unterschiedliche Behandlung von Personen eines bestimmten Berufs schaffe. Zwar stehe es Ungarn frei, die Altersgrenze für das Ausscheiden dieser Personen aus dem Dienst festzulegen, doch greife die neue Regelung der Altersgrenzen tief in die Dauer des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien ein. Überdies greife die neue Regelung der Altersgrenzen in die Ausübung der Berufstätigkeit der betroffenen Personen ein, indem sie deren künftige Teilnahme am aktiven Leben verhindere.
Feststellungen des Gerichtshofs:
Der Gerichtshof prüfte, ob die Einführung neuer Altersgrenzen gegen Art. 1 der Richtlinie 2000/78 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a sowie Art. 6 Abs. 1 verstößt. Der Gerichtshof erkannte nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Legitimität der Ziele der Einführung neuer Altersgrenzen. Er stellte jedoch fest, dass die neu erlassene ungarische Regelung die Bedingung der Notwendigkeit nicht erfüllt und nicht angemessen ist. Mit der Umsetzung der neuen Regelung zu Altersgrenzen würden Einzelpersonen automatisch ihres Rechts auf Arbeit beraubt, worauf sie sich nicht vom Beginn ihrer beruflichen Laufbahn an vorbereiten konnten. Wie der Gerichtshof ausführte, wurde die Altersgrenze für das zwingende Ausscheiden aus dem Dienst durch die Regelung plötzlich und erheblich gesenkt, ohne dass Übergangsmaßnahmen vorgesehen wurden, die geeignet gewesen wären, das berechtigte Vertrauen der Betroffenen zu schützen. Ferner erklärte der Gerichtshof, dass die neue Regelung weder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahre, noch einen einfachen Generationswechsel innerhalb der betreffenden Rechtsberufe gewährleiste.
Konsequenzen:
Der Gerichtshof bestätigte, dass die Mitgliedstaaten bei der Einführung von Altersgrenzen für bestimmte Berufe über einen Handlungsspielraum verfügen, um aktiv auf nationale Beschäftigungspolitiken Einfluss nehmen zu können. Die zur Regulierung dieser Politiken eingesetzten Mittel dürften jedoch nicht unverhältnismäßig sein und müssten die Interessen der von den Maßnahmen des Staates betroffenen Personen berücksichtigen.
UNTERKAPITEL
BIBLIOTHEK
Kontakt
Quiz